Der Beitrag erschien am 15. Dezember 2016 in Die Wirtschaft - Bremen & Bremerhaven (Bremer Tageszeitungen AG),
Ausgabe 6/2016, S. 9

 

Arbeiten nach Wunsch

Ein schönes Büro kann Mitarbeiter motivieren und für Effizienz sorgen. Manchmal reicht es auch, die Kollegen nach Hause zu schicken.

von Jürgen Hoffmann - 15.12.2016

 

Eine Strategie, bitte!

Heiko Stutzke über das Gesundheitssystem

Der digitale Wandel verändert die Welt der Arbeit. Das traditionelle Modell um 9 ins Büro und um 17 Uhr den Rechner runterfahren, hat schon heute in vielen Unternehmen in Bremen, Delmenhorst oder Syke ausgedient. Mit dem Wegfall strenger zeitlicher und räumlicher Rahmen kommt der Gestaltung der Plätze, an denen künftig Mehrwert geschaffen werden soll, eine wichtige Rolle zu. Es gilt, Arbeitswelt neu zu denken, neu zu sortieren.

 

„Mobilität ist ein Megatrend“, sagt Wiebke Brüssel vom Strategiebüro Bremen. Sie und ihr Kollege Heiko Stutzke helfen Unternehmen und Institutionen im privaten und öffentlichen Bereich, Strategien zu entwickeln, die zukunftsfähig sind. Dazu gehört auch die Gestaltung des Arbeitsumfeldes. Dank Laptop und Smartphone ist kaum noch jemand an den Arbeitsplatz gebunden. Für Alexander Saul, Leiter Firmenkunden bei Vodafone Deutschland, ist der klassische Arbeitsplatz mit ständiger Büropräsenz und starren Arbeitszeiten „ein Auslaufmodell“. Das bedeutet nicht, sagt Brüssel, dass das Büro in der Firma völlig überflüssig wird, die Bedeutung aber verändert sich: Das Büro wird der Ort, an dem man sich mit Kollegen treffen kann. Daneben gibt es jedoch andere Orte, an denen Arbeitnehmer produktiv sein können. Im Hotel, in der Bahn oder in den eigenen vier Wänden. „Wenn ein Mitarbeiter auf seiner Wohnzimmer-Couch oder am Küchentisch arbeiten will, sollte der Chef überlegen, ob es nicht für den Betrieb Sinn macht, die Voraussetzungen dafür zu schaffen“, sagt Brüssel. Die Strategin, die ihr eigenes Büro im Bremer Osten hat, denkt dabei nicht nur an den Schreibtisch zu Hause, den Stuhl und das Licht, sondern auch an die technische Anbindung.

 

An der hapert es in vielen Unternehmen. Das ist ein Ergebnis einer Studie des Beratungsunternehmens CSC Deutschland. Die Consultants wollten vor Kurzem wissen: Was denken die Deutschen über den Arbeitsplatz der Zukunft? 1000 Arbeitnehmer wurden befragt. Ergebnis: Viele sind mit den Leistungen ihrer Chefs und Unternehmen unzufrieden, wenn es um die Gestaltung der Arbeitsplätze von morgen geht. 60 Prozent der Befragten kritisieren, dass sie von unterwegs schlecht auf Daten an ihrem Arbeitsplatz zugreifen können. Und das, obwohl das mobile Arbeiten in der digitalen Geschäftswelt an Bedeutung gewinnt.

 

Arbeiten mit Liegestuhl

 

Dazu gehört das Home Office, das heute schon viele Arbeitnehmer als zweiten Büro-Schreibtisch nutzen. Die technische Anbindung aber lässt zu wünschen übrig: 42 Prozent der befragten Arbeitnehmer geben dem IT-Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden die Schulnote „befriedigend“ oder schlechter. 58 Prozent bemängeln zudem einen zu langsamen IT-Störungsdienst. Claus Schünemann, Vorsitzender der Geschäftsführung von CSC Deutschland, sieht in den Erfahrungen der Arbeitnehmer „eine wichtige Orientierung für die Firmen, den Arbeitsplatz der Zukunft zu gestalten“. Für ihn dient ein modernes, optimal ausgestattetes Büro auch als „gute Visitenkarte des Arbeitgebers“.

 

Das sieht Wiebke Brüssel genauso: „Chefs sollten darauf achten, dass ihre Mitarbeiter sich an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen. Das erhöht nicht nur die Produktivität, sondern auch die Bindung ans Unternehmen.“ In Zeiten von Fachkräftemangel sei das ein Punkt, den man gar nicht hoch genug bewerten könne.

 

Neben der zunehmenden Mobilität prägt eine weitere Entwicklung die Arbeitswelt: Teamarbeit. „Auch dafür müssen Büros, Werkhallen und Labors gestaltet werden“, sagt Wiebke Brüssel. Ein Beispiel: In immer mehr Büros in Bremen und Umgebung werden Flächen geschaffen, die inspirieren und Kommunikation erleichtern sollen. Sie stehen für „offene, kommunikative Strukturen“, sagt Heiko Himme vom Immobilienberater Cushman & Wakefield. Diese fördern das Bilden von Arbeitsgruppen und Teams. Man rückt zusammen – und wieder auseinander. Damit nicht genug: Büros werden geöffnet, beispielsweise durch einen direkten Zugang zum Garten hinter dem Firmengebäude, mit variablen Sitzecken, Sesseln und sogar Liegestühlen ausgestattet oder mit einer Küche, in der Kollegen sich treffen und zusammen kochen können.

 

Mittlerweile haben nicht nur Werbeagenturen und Designbüros Skylounges und Massagestühle in ihren Räumen, auch immer mehr Konzerne, Unternehmensberatungsgesellschaften und Family Offices richten in ihren Gebäuden Begegnungszonen ein, die zum ungezwungenen Austausch einladen. Neben offenen Arbeitsflächen gibt es fast überall abgetrennte Räume für konzentriertes Arbeiten. Wer einen Kunden zu Besuch hat, zieht sich in einen Besprechungsraum zurück, wer in Ruhe telefonieren will, sucht sich eine Kabine.

 

Offene Büro-Landschaften mit unterschiedlichen Zonen einzurichten, ist nicht billig, aber eine gute Investition. Die schöne, neue Bürowelt fördert, sagt Peter Vullinghs, Deutschland-Chef von Philips, „effiziente und ergebnisorientierte Arbeitsweisen, um mehr Raum für eine ausgewogene Work-Life-Balance zu schaffen“. Genau das sei es, was gut ausgebildete junge Kandidaten erwarten. Ein Büro der Zukunft ist also ein starkes Argument im Wettbewerb um Talente für die Zukunft.

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