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5-2023 - CORAL - Das neue SWOT

Dr. Heiko H. Stutzke und Wiebke Brüssel

Juli 2023

Ein neuer, zeitgemäßer Ansatz ist elegant in den Kontext der Strategieentwicklung eingebunden und bringt zielgerichtetere Ergebnisse als SWOT.

 

Wenn man der Entstehung der SWOT-Analyse auf den Grund gehen will, stößt man schnell an Grenzen. Vielfach wird sie mit der Harvard Business School in Verbindung gebracht und ihr Ursprung in den 1950er-Jahren angesiedelt, aber es gibt ebenso Quellen, die erst die 1960er-Jahre und den Forscher Albert Humphrey am Stanford Research Institute als Urheber betrachten.[1]

 

Jedenfalls ist sie seit dieser Zeit ein vielgenutztes Instrument für die Formalisierung der Strategischen Planung und der Strategieentwicklung. Aus der Gegenüberstellung[2] von Stärken und Schwächen des Unternehmens mit den Chancen und Risiken aus dem Umfeld werden Ziele und Maßnahmen abgeleitet und als Strategie für die zukünftige Ausrichtung genutzt.

 

Die SWOT-Analyse vergleichsweise simpel, und es wurde nie wirklich hinterfragt, ob es nicht noch besser - und eleganter - geht. Bis jetzt.

 

 

Die SWOT-Analyse

 

Für viele Unternehmen bildet die SWOT-Analyse den Kern der Zukunftsplanung. Dabei wird in der Regel eine Matrix aus den vier Elementen zusammengestellt, und aus den gewonnenen Erkenntnissen werden Ziele und Maßnahmen abgeleitet. Fertig ist der Leitfaden für die nähere Zukunft! Die Einstiegshürde für die Nutzung von SWOT ist niedrig, so dass sie mit etwas Moderation auch von Mitarbeitenden bearbeitet werden kann, die sich sonst nicht mit dem Thema Strategie beschäftigen.

 

Allerdings gibt es auch Nachteile, die nicht unter den Tisch fallen sollten:

 

  • Die gewonnen Erkenntnisse zu jedem Element der Matrix stehen isoliert und ohne direkten Bezug nebeneinander.
  • Der Ausgangspunkt sind die Stärken und Schwächen des Unternehmens. Erst danach wird das Umfeld betrachtet.
  • Die SWOT-Analyse liefert keine Lösungen, Prioritäten oder Alternativen. Sie sagt nichts darüber aus, welche Informationen zusammengehören, sich gegenseitig verstärken oder blockieren.
  • Nicht alle gewonnenen Erkenntnisse sind für den Planungsprozess hilfreich.
  • Die SWOT liefert keinen Mechanismus für die regelmäßige Überprüfung der Ergebnisse.

 

Letztlich können die im Zuge der SWOT-Analyse abgeleiteten Ziele und Maßnahmen daher nicht so „zielgenau“ sein, wie es wünschenswert wäre.

 

 

Was macht eine optimale Strategie aus?

 

Die simple Antwort lautet: Sie sichert zuverlässig das langfristige Überleben und Wohlergehen des Unternehmens.

 

In der Detailbetrachtung bedeutet dies, bestmöglich auf die Herausforderungen aus dem Umfeld vorbereitet zu sein, um mit dem eigenen Leistungs-Portfolio den Wettbewerbern voraus zu sein oder mindestens auf Augenhöhe mit ihnen zu operieren. Es gilt, die eigene Position im Markt zu halten, bei Bedarf neue Geschäftsfelder zu erschließen bzw. andere zu reduzieren und sich dynamisch auf die kommenden Gegebenheiten einzustellen. Das gilt genauso auch „nach Innen“ und betrifft Organisation, Mitarbeitergewinnung, Unternehmenskultur, Kommunikation und viele andere Dinge.

 

Schon diese kurze Aufzählung zeigt, dass die einfache SWOT-Analyse zwar besser ist als nichts, aber nur bedingt geeignet ist, um alle diese Bereiche abzudecken, die richtigen Fragen zu stellen und genau passende Antworten zu finden.

 

 

Ein alternativer Ansatz: CORAL

 

Wir schlagen daher einen neuen Ansatz vor. Er ist elegant in den Kontext der Strategieentwicklung eingebunden und führt leichter zu zielgenaueren Ergebnissen.

 

Bevor es losgeht

 

Ausgangspunkt ist die aktuelle Vision, wie die Zukunft des Unternehmens aussehen soll. Dazu gehört auch, die gegenwärtige Position im Marktumfeld genau zu bestimmen.

 

Achtung!

 

Diese beiden Startpunkte sind zentral für die Zukunft des Unternehmens und die Erarbeitung der Strategie. Gleichzeitig dienen sie der Überprüfung der Mission des Unternehmens, also der grundsätzlichen Ausrichtung und einer Antwort auf die Frage: „Warum gibt es uns eigentlich?“

 

Hier wirklich gute Ergebnisse zu erzielen, ist nicht einfach und erfordert eine Menge Arbeit. Diese sollte mit professioneller externer Begleitung durchgeführt werden: Die externe Sicht ist extrem wichtig, um den notwendigen vollständigen Überblick zu erhalten und „blinde Flecken“ zu vermeiden.

 

Und nun: CORAL

 

C) Der erste Schritt ist die Betrachtung der Umfeldbedingungen - also der Herausforderungen (C = Challenges) von Markt und weiteren Faktoren. Es ist empfehlenswert, die Vielzahl der Herausforderungen zu kategorisieren[3] und - gegebenenfalls mit Expertenunterstützung - genau zu prüfen, wann welche Herausforderungen für das Unternehmen relevant werden. Wichtig ist hier, nichts zu vergessen oder zu vernachlässigen.

 

O) Der besondere Charme von CORAL besteht darin, dass sich der zweite Schritt direkt aus dem ersten ergibt - nämlich die Frage, welche Chancen (O = Opportunities) aus den identifizierten Herausforderungen entstehen. Im Detail: Wie können die die kommenden Umfeldveränderungen so genutzt werden, dass das Unternehmen stabil - oder besser - dasteht als gegenwärtig? Da die Zeitpunkte oder Zeitbereiche bekannt sind, in denen die Herausforderungen sich voraussichtlich auswirken werden, ist zugleich klar, wieviel Zeit jeweils bleibt, um die notwendigen Anpassungen vorzunehmen. Sie sind ebenfalls ein gutes Hilfsmittel für die spätere Priorisierung von Maßnahmen.

 

R) Natürlich gibt es nicht nur Chancen, sondern genauso auch Risiken (R = Risks). Diese werden im dritten Schritt untersucht. Dabei sind zum Beispiel die Fragen zu stellen, ob bestimmte Veränderungen im Umfeld das Geschäftsmodell bedrohen, Lieferketten (weiterhin) sicher sind oder Fachkräfte im notwendigen Umfang rekrutiert werden können. Die Vorgehensweise ist dabei genauso wie im zweiten Schritt.

 

An dieser Stelle steht fest, welche Veränderungen sich im Umfeld des Unternehmens ergeben und wann diese relevant sein werden. Gleichzeitig wurde ermittelt, welche Chancen daraus entstehen können, aber genauso auch, wo Risiken bestehen. Dies ist die Grundlage für die weitere Planung. Ein großer Vorteil ist, dass sich an dieser Stelle bereits abzeichnet, welche Schritte voraussichtlich unternommen werden müssen, um das Unternehmen zukunftsfest aufzustellen.

 

Häufig entsteht hierdurch im Planungsteam eine starke Dynamik für die Bearbeitung der weiteren Schritte. Dies hängt aber auch mit der Qualität der Moderation des Prozesses zusammen.

 

A) Der logische nächste Schritt ist, nun den Blick nach innen zu richten, also ins Unternehmen. Im vierten Schritt wird untersucht, welche besonderen Vorteile Organisation, Management, Mitarbeitende und Portfolio mitbringen, um unter den oben beschriebenen, künftigen Bedingungen des Umfelds weiterhin am Markt erfolgreich zu sein. Das sind die Assets (A = Assets).

 

L) Zweifellos gibt es aber auch Bereiche im Unternehmen, die in diesem Kontext nicht oder (noch) nicht optimal funktionieren. Diese müssen im fünften Schritt aber nicht als Probleme beschrieben werden, sondern es sind lediglich Defizite (L = Lacks), die noch bearbeitet werden müssen.

 

CORAL ist damit vollständig. Es ist ein System mit fünf Schritten, die logisch aufeinander aufbauen und zu genau den Ergebnissen führen, die für die Zukunft des Unternehmens wirklich relevant sind.

 

Zur Entwicklung von CORAL

 

Das CORAL-System wurde bereits in den Jahren 2013 und 2014 vom Strategiebüro Nord entwickelt und dort seitdem bei der Projektarbeit eingesetzt - zunächst testweise, aber schnell im Regelbetrieb. Es erwies sich dabei als robust und produzierte zuverlässig qualitativ hochwertige Ergebnisse.

 

Die von CORAL verwendeten Bezeichnungen sind im Vergleich mit SWOT deutlich positiver belegt und verringern negativen Kontext. Dies motiviert und macht die inhaltliche Bearbeitung leichter.

 

Ein unerwarteter, besonders positiver Effekt von CORAL ist, dass die an der Planung Mitarbeitenden häufig ungefähr in der Mitte des Prozesses (also bei Schritt 3) beginnen, proaktiv und vorausschauend Aktivitäten durchführen, um den weiteren Fortgang mit den bestmöglichen Ergebnissen abzuschließen. CORAL macht sich sozusagen selbständig.

 

 

Wie geht es danach weiter?

 

Die Formulierung von Zielen und Maßnahmen ist - wie bei der SWOT-Analyse - in CORAL nicht enthalten: CORAL konzentriert sich auf die aktuellen und kommenden Einflüsse aus dem Umfeld und die daraus entstehenden Möglichkeiten. Dabei greift alles perfekt ineinander. Wie die Anpassung an die künftigen Herausforderungen durch Maßnahmen und Ziele im Detail aussehen soll, bedarf einer weiteren, gründlichen Planung und ist der logische nächste Schritt.

 

Ein Bonus: Auf diese Weise kann durch einfachen Abgleich unmittelbar überprüft werden, ob alle Herausforderungen des Umfelds adressiert und dabei auf die Gegebenheiten im Unternehmen eingegangen wurde.

 

 

Ziel erreicht!

 

Insgesamt betrachtet, ist CORAL das ideale Werkzeug bei der Zusammenstellung der Strategie: Nach Vision und Mission sorgt es für die logische Folge der Bearbeitungsschritte von den Herausforderungen des Umfelds zu den Fähigkeiten (und Potenzialen) des Unternehmens. Hieraus ergeben sich leicht passgenaue Maßnahmen für die optimale Vorbereitung auf die Zukunft. Wenn diese „verzielt“ und mit den nötigen Ressourcen ausgestattet sind, ist alles vorhanden, was eine gute und vor allen Dingen exakt passende Strategie ausmacht.

 

 

Dynamische Überprüfung ist möglich und gewollt!

 

Die Strategie ist also fertig. Damit entsteht aber automatisch ein Problem: Die zum Zeitpunkt der Umfeldanalyse gefundenen Herausforderungen wurden in die Strategie aufgenommen und sind von diesem Moment an statisch. Das Umfeld entwickelt sich jedoch permanent und dynamisch weiter.

 

CORAL bietet hier noch einen weiteren Vorteil: Die Umfeldanalyse kann jederzeit ergänzt und geändert werden. In diesem Zusammenhang müssen lediglich die in der Kette folgenden Schritte ebenfalls überprüft werden und geänderte Bedingungen berücksichtigen. Dies erfordert in der Regel nur wenig Aufwand und kann dynamisch durchgeführt werden. Empfehlung: ein kurzer Durchlauf alle zwei bis drei Monate.

 

 

Wie wird CORAL praktisch verwendet?

 

Die Qualität der Strategie ist nur so gut wie der „Input“ - also die Informationen, die in die einzelnen Elemente der Analysen einfließen. Es kommt also darauf an, ein Strategieteam zusammenzustellen, bei dem die richtigen Leute die richtigen Informationen liefern.

 

Tipp

 

Vermeiden Sie hierarchische Scheuklappen! Wenn - aus welchem Grund auch immer - der Pförtner wichtige Informationen beitragen kann, muss er mit am Tisch sitzen.

 

Hier kann eine externe, also eingekaufte Moderation Wunder wirken. Gute Moderatoren beraten bei der Auswahl der Personen für das Strategieteam und führen alle Beteiligten durch den Prozess. Meistens klappt es nämlich nicht optimal, wenn eine Person aus dem Team gleichzeitig die Moderation und auch noch die Protokollierung übernimmt. Hinzu kommt, dass ein Team, das ausschließlich aus Betriebsangehörigen besteht, aufgrund der unvermeidlichen „Betriebsblindheit“ nicht den vollständigen Überblick gewinnen kann. Dies gelingt besser mit externer Sichtweise.

 

Die Protokollierung der Ergebnisse ist ein zentrales, extrem wichtiges Thema: Hier geht es darum, die Erkenntnisse so aufzubereiten, dass sie für Entscheidungen genutzt werden können, die mindestens zum Teil von Personen genehmigt werden, die nicht zum Strategieteam gehören. Manchmal geht es auch um Fördergelder, für die die Strategie vorgelegt werden muss. Die Unterlagen müssen also gleichzeitig informativ, aber auch optisch ansprechend sein. Hierfür ist es notwendig, Jemanden mit Erfahrung auf diesem Gebiet zu haben, um die Unterlagen in die passende Form zu bringen.

 

Spezielle Tools sind für CORAL nicht notwendig; es reichen Word für die Erfassung der Ergebnisse und Excel für Berechnungen oder die Analyse von Zahlen aus dem Controlling.

 

 

Fazit

 

Natürlich können wir hier nur vergleichsweise oberflächlich über die Struktur und die Arbeit mit CORAL berichten. Es hat sich beim praktischen Einsatz in Projekten des Strategiebüro Nord als extrem nützliches Instrument erwiesen, das sehr leicht zu nutzen ist und Ergebnisse ausgezeichneter Qualität bringt.

 

Insbesondere die aus CORAL abgeleiteten Maßnahmen und Ziele sind genau auf die Herausforderungen zugeschnitten und daher geeignet, Unternehmen Zukunftssicherheit zu geben. Und darauf kommt es an!

 

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[2]    SWOT = Stärken (S = Strengths), Schwächen (W = Weaknesses), Chancen (O = Opportunities) und Risiken (T = Threats).

[3]    Hierfür gibt es sehr gute Systeme wie zum Beispiel das PESTEL Framework.

Redaktionelle Hinweise

 

Über die Autoren

 

Dr. Heiko H. Stutzke und Wiebke Brüssel sind Geschäftsführende Gesellschafter des Strategiebüro Nord.

 

Das Strategiebüro Nord arbeitet für Unternehmen und Organisationen im privaten, sozialen und öffentlichen Bereich, für Gründer und für Firmen am Anfang ihrer Entwicklung.

 

Dabei geht es um individuelle Fragestellungen, die sich oft aus den Trends unserer Zeit ergeben. Hierfür entwickeln wir lösungsoffen und teamorientiert strategische Konzepte, die langfristig den Erfolg sichern.

 

 

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